Nun, dann will ich als ABB-Rookie auch mal meinen Rennbericht zum besten geben:
Das wichtigste zuerst: nachdem es bei meinem Debüt in Le Mans nur bis zum ersten Boxenstopp ging und dann der Technik-Gremlin ganz boshaft zuschlug, konnte ich diesmal tatsächlich die Zielflagge sehen... UND WIE!
Dieses Rennen hatte für mich wirklich ALLES drin was das Rennsportherz begehrt: reichlich Überraschungen, Frust, Fehler, Glücksgefühle, beinharte Zweikämpfe genauso wie kühl kalkuliertes Risiko und souveränes Zurückstecken alá Endurance-Racing, Taktik- und Strategie-Spielchen vor und während dem Rennen! Also nimmt man das reine Resultat auf der Strecke mal beiseite, so war es ein unfassbar gutes und sehr lehrreiches Rennen!
Zum Rennen selbst: ich habe das fast schon unverschämte Glück in einem Team sein zu dürfen, das wirklich seines gleichen sucht! Ich konnte schon in der Vorbereitung sehr von der enormen Erfahrung profitieren, bin aber auch sehr dankbar dafür das man mich nicht mit "tu´ dies, mach´ das"-Geschwafel vollgesülzt hat, sondern einfach meinen eigenen Stil hat entwickeln und perfektionieren lassen! Das war GOLD wert! Und so kam es, das ich mich schon vor dem Training auf Server 3 irgendwo im vorderen Mittelfeld einordnen konnte. Kurz vor Quali-Beginn habe ich dann noch ein anderes Setup vom Team bekommen, was mich zwar einen Tick schneller machte, aber auch gerade in den engen Ecken eher unsicher machte... mir fehlte schlicht die Zeit um mich auf das Setup einzustellen. Das rächte sich dann auch zwei-dreimal im Rennen. Gottlob ohne heftige Einschläge zwar, aber nach dem ersten Dreher wurde ich doch in gewissen Streckenabschnitten deutlich vorsichtiger als eigentlich nötig, weil mir das Vertrauen fehlte.
Anyway: im Qualy konnte ich drei Minuten vor Ende tatsächlich meine absolute Bestzeit auf Silverstone88 in den Asphalt brennen, was mir die sechste Startposition einbrachte! Im Vorfeld der Veranstaltung hatte ich noch mit P15-20 gerechnet! Toll!
Allerdings wußte ich, das meine ganz große Achillesferse der Start und die Boxenstopps sein werden, denn a) komme ich kaum vom Fleck und b) brauche ich auf neuen Pneus gut zwei Runden um wieder wirklich schnell zu sein.
Und so kam es am Start wie es kommen musste: von P6 noch vor der ersten Kurve zurück auf P13, dann bis Turn 3 sogar noch einen weiteren Positionsverlust. Okay: so ein Rennen gewinnt man nicht in der ersten Runde, kann es aber sehr leicht in den ersten Runden verlieren!
Also habe ich ab Runde zwei, mit wärmeren Reifen dann das Tempo wieder forciert und war ganz erstaunt das ich in den folgenden zwei-drei Runden mich recht flott ransaugen konnte und auch wieder einige Plätze gutmachen konnte. Ziel war es natürlich möglichst sauber und fair zu fahren. Bis heute Nachmittag ist mir sehr deutlich in Erinnerung geblieben, das ich einige Überholmanöver doch sehr "robust" vollführt hatte und ich war mir nicht sicher ob das alles so okay war. Aber nachdem ich mir das Replay nochmals sehr genau angeschaut habe, habe ich doch gesehen das ich nur ein einziges mal tatsächlich "Body-Contact" hatte und selbst dann noch genug "Überlebensraum" für meine Mitstreiter war. Doch dazu mehr, denn es ging echt drunter und drüber!
Also, von P14 kommend konnte ich recht flott die Jungs vor mir einholen und überholen, und alle haben sehr fair und professionell mitgespielt, wahrscheinlich weil sie auch immer mal einen Blick auf die Zeiten und Abstände hatten, somit auch gesehen haben das ich sehr flott von hinten ankam. Stefan R hat mir dann erstmal richtig gezeigt wie man eine Position erfolgreich verteidigt, hat mir die ein oder andere echt gute Lehre erteilt, aber dann auch (und auch immer wenn wir uns auf der Strecke begegnet sind!) sehr fair die Möglichkeit gegeben vorbei zu gehen ohne das ich ein gefährliches Risiko hätte eingehen müssen. Richtig bissig wurde es dann aber mit Schwiizer, der zu der Zeit auf P7 lag. Ranfahren ist das eine, Vorbeifahren ist aber etwas ganz anderes! So lag ich oft mit ihm auf einer Höhe, war klar schneller, habe aber sicher sechs-sieben mal aus Sicherheitsgründen zurückgezogen. Der Mann hat mich ein- ums andere mal sehr geschickt auf die falsche Linie geschickt, seine Trickkiste ist wirklich beeindruckend und ein Infight macht echt Spaß mit ihm! Einmal hatte ich dann gehofft aus T3 einen Tick früher beschleunigen zu können, aber dann rächte sich das etwas schärfere Diff von dem mir noch unbekannten Setup: Ergebnis natürlich eine fulminante Piourette! Gottlob habe ich aber frühzeitig ausgekuppelt, das Ding nach 360 Grad noch rollend wieder gerade gestellt und nur etwa sieben Sekunden verloren! Dennoch: vier Positionen Verlust. Stefan R, Devil und äh (ich muss nochmal schauen im Replay) waren wieder durch, doch binnen zwei-drei Runden hatte ich die auch wieder ein- und überholt (auf jeden Fall megagroßen Dank an euch Jungs für eure Weitsicht, ich habe mich trotz enger Fights NIE aufgehalten gefühlt! Und das obwohl es um echte Positionskämpfe ging!).
Also wieder auf der Jagd nach P7... und ich kam mit großen Schritten wieder Schwiizer näher. Dann ging er an die Box und ich wußte ja schon vom vorherigen Testen das ich sowohl sehr reifenschonend wie auch spritfahrend fahre. Bei meiner Fahrweise waren 22 Runden drin ohne jedes Risiko (das hatte ich mir als Trumpfkarte für die Schlußphase behalten, wollte mit frischeren Reifen und wenig Gewicht im letzten Viertel richtig angasen!).
Doch dann kam das Desaster deluxe! Erster Stopp, sehr vorsichtig zur Box, leider vergessen den Reifenwechsel abzuwählen und auf Enter gedrückt.... als ich auf den Stempeln stehe kommt die Info über´s Teamradio das mein Teamkollege Loite in der Box steht und nicht bedient wird! Also habe ich noch während der Betankung mit meinem Teamkollegen abgesprochen, das ich eine Runde fahre und dann wieder reinkomme um ihn in Position zu schieben. Als ich also wieder anrolle denke ich noch nach ob ich nicht einfach zurückfahren kann... weiß aber nicht ob ich dann disqualifiziert werde! Also raus aus der Box, beschleunige und treffe dort ausgerechnet "Heilige Cupra", die ganz innen fährt weil sie von Knudsen und Uwe überrundet wird! BANG! Es kracht, ich drehe mich um die eigene Achse, Motor aus und ich sage SORRY, starte meinen Motor und warte auf den grünen CSL das er vorbeifährt! Blöd für mich und Loite (der noch immer in der Box auf mich wartet) ist nur, das Heilige Cupra ganz normal weiterfahren konnte und ich gar nicht hätte warten müssen! Nach gut zwanzig Sekunden herumstehen bin ich dann weitergefahren um direkt wieder in die Box zu fahren... der arme Dieter (Loite) wartete ja sehnsüchtig auf meine Hilfe!
Das Rettungsmanöver gelang, aber natürlich hatte der arme Dieter zu der Zeit schon zwei Runden Rückstand! Schlimm sowas, denn er hätte locker unter die ersten vier fahren können!
Naja, mein Rennen war natürlich auch im Eimer durch die drei Probleme (unnötiger Reifenwechsel, unnötige Kollision/Dreher und Wartezeit, zusätzlicher Boxenstopp nebst Rangierfahrt in der Box). Also gut, Rennfahren heißt NIE AUFGEBEN! Also wieder ran, das neue Ziel hieß trotz Rundenrückstand noch irgendwie einen Top-Ten-Platz einfahren. Doch die Konzentration war dahin. Zwei völlig unnötige Cuts brachten mir dann zwei Runden später noch eine Stop`n´Go ein!
Okay, jetzt aber ruhig Blut, noch ist einiges möglich! Ich brauchte wieder zwei-drei Runden um wieder meinen Rhytmus zu finden, weil ich nebenbei auch hochrechnete was ich vielleicht aus dem völlig verkorksten ersten Stopp machen könnte. Realistisch gesehen lagen die Chancen bei exakt NULL, denn ich hätte pro Runde 3,5 Sekunden gutmachen müssen um P10 noch zu erreichen, aber ich habe es versucht! Von da an fuhr ich wie ein Besessener, habe alles gegeben und konnte bis zum Rennende einen 1:20 min-Rückstand doch noch bis auf etwa zehn Sekunden reduzieren könnnen, aber mir fehlten einfach noch ein paar Runden!
Was mir aber echt am Herzen liegt: ganz, ganz, GAAANZ megagroßes Lob und höchste Anerkennung an alle Teilnehmer, ich kann gar nicht alle aufzählen denen ich im Rennen immer wieder begegnet bin und die sich alle höchstprofessionell verhalten haben! Ob nun der sehr umsichtige Tom Dwo oder Stemann Senior, Stephan R mit dem ich superschöne Kämpfe hatte genau wie mit Devil und Silent Hunter, aber am beeindruckensten fand ich die super souveräne Art von Helle, der sehr professionell gesehen hatte das ich zwar flott näher kam, aber das es sinnlos ist dagegen zu halten, denn ich hatte ja ohnehin schon einen Rundenrückstand zu ihm, folglich hat er mir das Überholen super leicht gemacht und seine Linie freigegeben! SUPERKLASSE! Wirklich richtig professionell und erstklassig!
Fazit: ich habe ganz enorm viel lernen können und dürfen in meinem ersten "echten" ETCC-Rennen, habe alle Höhen und Tiefen in nur knapp 120min erlebt und war nach dem Rennen wirklich richtig, richtig PLATT und "niedergekämpft"! Aber es hat sich gelohnt, auch wenn die Top-Ten diesmal für mich nicht drin waren... knapp, verdammt knapp!
Auf ein neues in Rouen, wo ich sicher nicht so gut aussehen werde, denn diese Strecke ist deutlich anspruchsvoller! Macht nix, Spass macht das Lernen so oder so!
Vor allem mit EUCH!